(Bestimmungsteil)

Sammlung David Schmälzle, Berlin

Skolithos tibia HINZ-SCHALLREUTER & SCHALLREUTER, 2003

Herrlich durch Windschliff freigelegte Röhren von Skolithos tibia! Größe dieses ungewöhnlichen Stückes aus NW-Brandenburg: 45x27x14 cm, Gewicht: 19,5 kg. Foto: J. Evers

Die Rückseite des 1991 gefundenen Geschiebes sieht übrigens nicht weniger eindrucksvoll aus. Es muss schon ein erheblicher Härteunterschied zwischen Röhren und Matrix vorliegen, um solch ein außerordentlich seltenes Naturpräparat entstehen zu lassen.

Monocraterion tentaculatum TORELL, 1870

Schneeweißes Quarzitgeschiebe mit kräftig gefärbten rot-violetten Monocraterion-Bauten. Größe des Stückes: 16x9x7,5 cm. Fundort: Lübecker Bucht. Foto: D. Schmälzle

Der gelb gefärbte Bereich in der Mitte zeigt den verwitterungsbedingten Übergang von Hämatit zu Limonit an. Geschiebe mit derart kontrastreichen Monocraterion-Bauten sind nur selten zu finden. Sonst zählen Geschiebe mit Monocraterion zu den häufigen Funden.

Diplocraterion parallelum HALDEMANN, 1840

U-förmig gebogene Röhre. In der Mitte zwischen beiden Schenkeln befindet sich ein Spreitensystem, das durch die Erweiterung des Baues nach unten hin entstand. Als Verursacher werden Arthropoden oder Anneliden angenommen. Foto: D. Schmälzle

Im Geschiebe fallen sehr häufig die typischen hantelförmigen Querschnitte auf. Diplocraterion kommt in bestimmten Lagen des Hardeberga-Sandsteins massenhaft vor. Länge des Spreitenbaus: 11 cm. Fundort: Sassnitz/Rügen.

Syringomorpha nilssoni TORELL, 1868

Eine 7,5x3,3 cm große, fast vollständige, blattförmige Syringomorpha-Spreite. Fundort: Blumenthal, NW-Brandenburg. Foto: D. Schmälzle

Syringomorpha ist ein Spreitenbau, der stets zur Schichtoberfläche hin orientiert ist. Es wird zwischen wedel- und blattförmigen Spreitenbauten unterschieden (Engelhardt & Hoffmann 2012). Im Geschiebe fallen einem oft die charakteristischen, hintereinandergeschalteten, u-förmigen Linien der Spreitenquerschnitte ins Auge.

Syringomorpha wird im Geschiebe in hellen Sandsteinen des Hardeberga-Typs und in Glaukonitsandsteinen gefunden. Das Vorkommen von Lokalitäten mit Syringomorpha führenden Gesteinen ist hauptsächlich auf den skandinavischen Raum begrenzt. Über den Verursacher mit seinem ichnobiologischen Verhalten kann nur spekuliert werden. Im norddeutschen Geschiebe ist Syringomorpha ein häufiges Spurenfossil.

Conichnus MÄNNIL, 1966

In einem 13x12x8,5 cm großen Mittelsandstein aus NW-Brandenburg ist seitlich eine kegelförmige Conichnus-Spur angeschnitten. Das Geschiebe ist als Windkanter entwickelt, wodurch die "cone-in-cone“-Struktur plastisch herausmodelliert wurde. Foto: D. Schmälzle

Derartige Spuren treten im Geschiebe regelmäßig auf - teilweise in großen Blöcken wie hier. Conichnus wurde in der Vergangenheit häufiger mit Bergaueria PRANTL, 1945 verwechselt. Ein riesiger Block mit rund 50 Individuen der schüsselförmigen Bergaueria konnte in den 1990er Jahren an einer schleswig-holsteinischen Steilküste gesichtet, aber tragischerweise nicht geborgen werden.

Conichnus und Bergaueria werden den Wohnbauten oder Ruhespuren zugerechnet. Als mögliche Verursacher kommen Seeanemonen in Frage.



Plagiogmus arcuatus ROEDEL, 1926

Glaukonitsandstein, Länge der Spur 5 cm. Fundort: Thomsdorf, südlich Feldberg. Foto: D. Schmälzle

Jeder Geschiebesammler kennt mittlerweile diese leiterförmige Spur, die ähnlich Psammichnites als Endichnion im Sediment angelegt wurde. Über den Erzeuger kann nur gemutmaßt werden. Die Rippen der Unterseite könnten auf peristaltische Bewegungen zurückzuführen sein. Plagiogmus wird hie und da immer wieder gefunden - in NW-Brandenburg, Mecklenburg, Schleswig-Holstein und den dänischen Inseln ist Plagiogmus eher selten. Östlich einer gedachten Linie Rügen-Berlin ist die Chance auf einen Fund dieser "Sprossenspur" aber erheblich größer.
 

Psammichnites gigas TORELL, 1870

Hardeberga-Sandsteingeschiebe mit sieben (!) wulstartig erhabenen Spuren von Psammichnites gigas. Größe dieses Geschiebes: 19x11x6 cm. Fundort: Bargteheide bei Hamburg. Foto: C. Kuphal

Die als Vollrelief erhaltenen, horizontalen Kriechspuren wurden ähnlich Plagiogmus endobenthonisch angelegt. Je nach Schnittebene kann Psammichnites recht unterschiedlich aussehen. Charakteristisch für die Spur ist eine häufig ausgebildete mediane Linie, die in unserem Geschiebe diesmal nicht zu erkennen ist, sowie eine engständige Riefung quer zur Längsachse. Psammichnites wird zu den Pascichnia gestellt, was in sofern schlüssig ist, dass wahrscheinlich das vom Erzeuger durchfressene Sediment wieder hinten lamellenartig angelagert wurde, was auch die feine Riefung erklärt. Die Seltenheit im Geschiebe entspricht in etwa der von Plagiogmus.

Arcuatichnus wimani KOWALSKI, 1978

Diese Kriechspur ist vom Habitus Psammichnites sehr ähnlich, ist aber zusätzlich zur feinen Querriefung noch segmentiert. Funde mit Arcuatichnus sind im Geschiebe nur vereinzelt gemacht worden. Größe des Geschiebes: 14x11x5,5 cm. Fundort: Møn/Dänemark. Foto: D. Schmälzle



Rosselia socialis DAHMER, 1937

Auf einem Geschiebe sind Rosselia und Psammichnites vergesellschaftet. Hier ein Ausschnitt mit Bauten von Rosselia mit konzentrisch-schaligem Aufbau um den Zentralkanal, größter Trichterdurchmesser 2,3 cm. Foto: D. Schmälzle

Sieses äußerst seltene Stück konnte 2004 an der Lübecker Bucht aufgelesen werden. Auf der Schichtfläche eines 23x19x15 cm großen und ca. 9 kg wiegenden, schwach glaukonithaltigen Sandsteins liegen gleich nebeneinander mehrere Besonderheiten in guter Erhaltung vor.
Abgesehen von zwei Psammichnites-Spuren fallen mehrere runde Strukturen ins Auge, die - von weitem betrachtet - Monocraterion-Bauten  (von oben gesehen) ähneln. Bei näherem Hinsehen fallen jedoch konzentrisch-schalige Laminae auf, angeordnet um einen zentralen Kanal, wodurch diese Spuren mit großer Wahrscheinlichkeit als Bauten von Rosselia angesprochen werden können. Eine gewisse Restunsicherheit bleibt allerdings, da auch Monocraterion konzentrische Lagen am Mündungstrichter ausbilden kann. Rosselia weist im oberen Abschnitt eine spindelförmige Verdickung auf. Beim vorliegenden Stück handelt es sich um eine bestimmte Schnittebene. Ein Teil der spindelförmigen Struktur wurde wegerodiert, der trichterförmige verbleibende "Rest" setzt sich nach unten sicherlich weiter fort. Die von einigen Autoren auch als kombinierte Wohn- und Fressbauten angesehenen Rosselien wurden erstmals aus dem devonischen Taunusquarzit beschrieben (Dahmer, 1937). Weiterhin kommt Rosselia zum Beispiel im unterkambrischen Mickwitzia-Sandstein Schwedens (Jensen, 1997), aber auch in holozänen, brackischen Bildungen Alabamas (Rindsberg & Gastaldo, 1990) vor.



Duvenseeichnus pyramidalis ZESSIN, 2008

Duvenseeichnus pyramidalis aus Vietlübbe/Gehlsbach bei Lübz, Kreis Ludwigslust-Parchim, Matrix 12x7x3 cm. Foto: J. Evers

Diese mittelkambrische Spur ist eine absolute Rarität und war bislang nur vom Holotypus (Hans-Jürgen Lierl, Linau) und vom Paratypus (Steffen Schneider, Berlin), bekannt. Insgesamt hat David Schmälzle in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein vier Duvenseeichnus-Exemplare gefunden. Die Spuren, die durch die pyramidenförmigen Aufwölbungen mit langer Spitze gekennzeichnet sind, beschrieb Wolfgang Zessin 2010 als mögliche Eingrabspur eines Arthropoden, zum Beispiel eines Phyllocariden.

Diplichnites (d'Orbigny, 1842)

Mittelkambrisches Paradoxissimus-Siltsteingeschiebe aus Møn/Dänemark (Größe: 15x14,5x5 cm) mit Spuren von Diplichnites (doppelreihige Arthropoden-Spur) sowie vermutlich Arthropoden-Ruhespuren (rechts - Spur und Erzeuger?). Länge der rechten Teil-Spur 8 cm. Foto: J.Evers

Diplichnites are arthropod trackways with two parallel rows of blunt to elongate, closely spaced tracks oriented approximately perpendicularly to the mid-line of the trackway. The term is more often used for the ichnofossils of this description; however, similar trackways from recent arthropods are sometimes given this name as well.

 

 

 

FUSTIGLYPHUS - WHAT'S THAT? WAS IST DAS DENN?

Es werden hier Bilder des außergewöhnlichen Spurenfossils Fustiglyphus (Vialov, 1971) gezeigt, und zwar aus dem Devon, dem Ordoviz und dem Kambrium. Über die Natur des Erzeugers wird diskutiert.

One of the stranger trace fossils described in the literature is Fustiglyphus (often misidentified as Rhabdoglyphus). It's a relatively narrow, parallel-sided burrow with significant swellings at semi-regular intervals.

Making sense of this burrow type has been difficult (see Osgood, 1970). The burrow is inferred to be entirely infaunal, despite its common presence at weathered-out bedding planes. The Fustiglyphus maker appears to have preferred burrowing at sediment interfaces (silt-mud interfaces, sand-mud interfaces, etc.). What specific behavior generated the swellings is unclear. The modern snail Illyanassa has been observed occasionally excavating a shallow depression along its locomotion trails, but those are epifaunal traces. (N Abassi, Iranian Journal of Science & Technology, Transaction A, Vol. 31, No. A1, 2007.)

PICTURES:
Fustiglyphus annulatus from Upper Devonian sediments in Iran.
Fustiglyphus annulatus specimen from the Arnheim Formation (lower Richmondian Stage, upper Cincinnatian Series, upper Upper Ordovician) at Lanes Mills, Oxford, southwestern Ohio, USA. MUGM 8098 (Limper Geology Museum, Miami University, Oxford, Ohio, USA).
?Fustiglyphus of the Lower Cambrian (3 cm), found by David Schmälzle near Zossen/Germany, Troppenz collection. I am not sure whether it is Fustoglyphgus. It is a glacial erratic boulder, a line with knuts, connected with both sides. Horizontal? Vertical?

SPUREN VOM BEGINN DES PALÄOZOIKUMS / TRACES FROM THE BEGINNING OF THE PALEOZOIC

Glacial erratic boulders from northern Germany (above) and southern Sweden (below). These Lower Cambrian stones are completely churned by worms or other organisms. It's problematic to determine those traces. But they are symbols of a beginning...

Bilder oben: Ein geradezu von Spuren durchzogenes und durchwühltes unterkambrisches Geschiebe, etwa 10x8x3,5 cm groß, von Johannistal bei Heiligenhafen/Schleswig-Holstein. Das große Bild zeigt die ganz unterschiedlich erscheinenden Spuren-formen, die kleinen Bilder sind Ausschnitte anderer Seiten mit „Segmentierungen“, Stopfstrukturen, Gangfüllungen usw. Durch die starke Abrollung des Gesteins und die offenbar sowohl horizontal als auch vertikal verlaufenden zahlreichen „Aktivitäten“ ist es schwierig, die Natur der Spuren sicher zu bestimmen.

Bild unten: Aus dem Lokalgeschiebe stammt diese bilobate Spur von Mälårhusen, östlich Istadt, Schonen/Schweden. Die Spur hat eine Länge von 6 cm auf einer unterkambrischen Sandstein-Matrix von 13x7x2,5 cm.

Finder David Schmälzle, Sammlung Uwe M. Troppenz, Fotos: Regina Troppenz




Dimorphichnus juchemi ZESSIN, 2009

Mittelkambrischer Paradoxissimus-Siltstein. Größe: 8,5x6,5x2,5 cm. Geschiebe aus Ostbrandenburg. Foto: J. Evers

Dimorphichnus juchemi wird hauptsächlich als Trilobiten-Laufspur, ungewöhnlicherweise von Paradoxides, gedeutet. Vor einigen Jahren noch eine Rarität, ist Dimorphichnus juchemi seit der Erstveröffentlichung durch Wolfgang Zessin, Jasnitz bei Schwerin, häufiger gefunden worden, mitunter auch in schon vorhandenen Sammlungen.

Paradoxides gracilis (12 cm) aus der Tschechischen Republik, Jince.

Sammlung: Troppenz

Mehr Spuren- und Körperfossilien werden in den beiden Bänden "Wohin die Spuren führen" vorgestellt.

 

Postscriptum:

EINE SPUR FÜHRT DURCH DIE JAHRMILLIONEN -

A TRACE LEADS THROUGH MILLIONS OF YEARS:

RHIZOCORALLIUM

Ich habe einen interessanten Artikel über die Spur Rhizocorallium in iranischen Trias-Schichten erhalten. Da fielen mir meine Rhiozocorallien ein (von oben): aus dem Unter-Kambrium (Rh. jenense), aus Trias, Jura (nicht abgebildet) und Kreide. Auffallend ist u.a., dass diese schichtparallelen oder nur leicht geneigten Spuren von Krebstieren oder Rundwürmern vergleichbar sind mit den unterstkambrischen Spuren von Diplocraterion parallelum, die allerdings senkrecht in den Meeresboden verlaufen. Auch hier werden Arthropoden oder Anneliden als Verursacher angenommen. Typisch ist die U-Form. Zwischen den beiden parallelen Ästen des „U“ befinden sich Spreiten. Die erste Zeichnung zeigt Diplocraterion, die zweite Rhizocorallium.

Rhizocorallium is an ichnogenus type of burrow, the inclination of which is typically within 10° of the bedding planes of the sediment. These burrows can be very large, over a meter long in sediments that show good preservation, e.g. Jurassic rocks of the Yorkshire Coast (eastern United Kingdom), but the width is usually only up to 2 cm, restricted by the size of the organisms producing it. It is thought that they represent fodinichnia as the animal (probably a nematode = roundworm or a crustacean) scoured the sediment for food. My collection (from  above to below, German glacial erratic boulders, except the Triassic piece. It is from southern Germany): Rhizocorallium jenense (lower Cambrian), a Triassic specimen, a Cretaceous specimen and - to compare - the lower Cambrian Diplocraterion parallelum that was organized in a vertical direction (the drawings - left Diplocraterion, right Rhizocorallium).

"Sequence stratigraphic and sedimentologic significance of the trace fossil Rhizocorallium in the Upper Triassic Nayband Formation, Tabas Block, Central Iran"

Aram Bayetgoll, Carlos Neto De Carvalho, Mehdi Daraei, Mahmoud Sharafi

Dec 2017 Palaeogeography Palaeoclimatology Palaeoecology
https://doi.org/10.1016/j.palaeo.2017.12.013